Der Wackelzahn


Es war einmal ein kleiner Mann,
der hatte einen Wackelzahn.
Und dieser Wackelzahn, sagt man,
zog ungeheu're Lügen an.

So sprach der Mann, ganz überzeugt,
dass er sich nie dem Bösen beugt,
dass er, so wie sein Vater tat,
das Beste nur für Mensch und Staat,
für Tier und Umwelt schaffen will,
nur Gutes sei sein großes Ziel.

Ein jeder mochte, was er sagt',
bot Hilfe ihm und bat um Rat,
und immer sprach der kleine Mann:
"Ihr habt es selber in der Hand.
Was ihr braucht, das könnt ihr nehmen,
doch vergesst nicht, auch zu geben."

Ein jeder tat wie ihm geheißen,
gab den Armen, half den Greisen,
hielt nur, was er braucht zum leben,
konnt' Liebe, Wärme, Hoffnung geben.
Der kleine Mann sah: mit der Zeit
wurd' immer kleiner großes Leid.

Da fing der kleine Wackelzahn
ganz unscheinbar zu wackeln an
und flüstert' zu dem kleinen Mann:
"Warum hast du das nur getan?
Ein Jedem geht es nun wie dir,
nur du bist ärmer, sag, wofür?"

"Ich wollte," sagt' der kleine Mann,
"dass Jeder glücklich werden kann."
Und plötzlich fing der Wackelzahn
ganz fürchterlich zu schmerzen an.
"Das hast du prima hinbekommen,
hättest' nur mehr für dich genommen,
denn hast du viel, bewegst du viel
und das ist doch dein großes Ziel!"
Der Schmerz, er wurde unerträglich,
verhüllte die Gedanken täglich,
der Nebel wurde immer dichter,
so wurde bald der Zahn zum Richter.

Der Wackelzahn fand es gerecht,
wenn's manchen gut geht, anderen schlecht.
Er sprach: "Nimm's einfach von den Schwachen,
die können nichts dagegen machen."
Und so häufte der kleine Mann
immer größ're Schätze an.

Der Zahn, er pochte immer weiter,
und riet dem Mann, es wäre leichter,
wenn andere die Schätze rafften
und in seine Schatzkammer schafften,
sie soll'n all derer Taschen leeren,
die nicht in der Lage, sich zu wehren.

Der Wackelzahn, er fand es richtig,
und außerdem auch ziemlich wichtig,
dass alle, die schon reichlich haben,
sich auch an seinem Reichtum laben,
damit sie ihm, ganz wohlgesonnen,
bei dem halfen, was er begonnen.

Von da an dauert' es nicht lange,
da wurd' dem Wackelzahn ganz bange.
Die Armen stiegen in der Zahl,
auch wuchsen stetig Leid und Qual.
"Was soll'n wir tun, wenn sie erwachen
und lassen's nicht mehr mit sich machen?"

Die Lösung folgte auf dem Fuße
hinter wohlgemeintem Gruße:
"Warum soll'n wir sie nicht belügen?
Wer nichts weiß hat auch nichts zu rügen.
Wir haben da schon ein System,
das ist alles garkein Problem."

Gar dankbar nahm der Wackelzahn
die Desinformationen an.
Die Menschen taten es ihm gleich,
nahm' alles an, was man ihn' reicht,
sie fragten bald schon nicht mehr nach
und wurden immer selt'ner wach.

Der Wackelzahn, er hat's erreicht,
dass jeder seinem Willen weicht,
kann tun und lassen, was er mag
und zu Gesetz wird, was er sagt.

Mit Raffgier, da fing alles an,
mit Ausbeutung von Mensch und Land,
mit Bäumen aus dem Regenwald,
für die manch Einer viel bezahlt.
Und allzu oft, wer weiß das schon,
benutzte man die Religion.

Doch eines schönen Tages dann,
da reichte nicht mehr Mensch und Land,
da kam der kleine Wackelzahn
mit brandneuen Ideen an.
Warum sollt' man die Tiere schonen
und die Wälder, wo sie wohnen?

So sperrte man die Tiere ein,
in Käfige, ganz winzig klein,
sie brauchen sich nicht umzudrehen,
wozu soll'n sie die Sonne sehen?
Man brauchte nur ihr Fleisch und Fell
und das am Besten möglichst schnell.

Wozu soll'n Hühner sich bewegen?
Sie soll'n nur dicke Eier legen,
und wenn sie dann dabei verrecken,
kann man sie in's Tierfutter stecken.
Auch Schwein' und Rinder werden fetter
in Ställen von zwei mal zwei Meter!

Die Tiere wurden krank und kränker,
ein Segen für die Pharma-Bänker,
die mit der Weltgesundheit spielten,
als Tiere Medizin erhielten.
Der Wackelzahn war stolz auf sich,
der kleine Mann, der war es nicht.

Das Leid, das er beenden wollte,
sich von dem Guten schnell erholte.
Der Egoismus wuchs und wuchs,
als Dummheit in die Köpfe schlug,
als Lüge alles dominiert
und wurd' als Wahrheit akzeptiert.

Doch für den kleinen Wackelzahn
war alles das erst der Anfang,
noch ahnte niemand seinen Plan,
als nächstes war'n die Kinder dran.
Doch um die Kinder zu erreichen,
mussten erst die Eltern weichen.

So sorgte dann der Wackelzahn,
dass beide Eltern arbeiten war'n,
hatten für Kinder keine Zeit
und alsbald war es dann so weit,
dass die Lügen sie erreichte
und Liebe Medikamenten weichte.

"Mehr Schlimmes kann man garnicht machen!"
dachte der Mann und hört' ein Lachen,
"Doch!" keuchte da der Wackelzahn,
"Was wir mit Mensch und Tier getan,
das könn' wir auch mit Pflanzen tun,
brauchen uns noch nicht auszuruh'n."

Kurze Zeit später gab es Mais,
Kartoffeln, Hafer und auch Reis,
gewinnbringend manipuliert,
damit er jedes Jahr verstirbt
und Geld für die Patente bringt,
bis Hungersnot in's Land eindringt.

Doch scherte das den Wackelzahn?
Er sah sich nur das Elend an,
sah die Armen, Kranken leiden
und versuchte zu vermeiden,
dass Tod sie aus dem Leben ziehe
ohne dass er daran verdiene.

Und so ging es immer fort,
niemand hinterfragt' ein Wort
uns'res kleinen Wackelzahns
in seinem Konsumgüterwahn.
Mit Mensch und Tier starb Liebe auch,
wurd' Menschlichkeit zu Schall und Rauch,
wurd' Nächstenliebe zum Phänomen,
das kaum noch jemand hat geseh'n.
So renn' wir auf den Abgrund zu
und schreien dabei laut "Juchu!"
und nur der kleine Wackelzahn
schaut's sich zufrieden grinsend an.

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